Pauschale Betrugsvorwürfe schaden der gesamten Pflegebranche
Die bekannt gewordenen Ermittlungen des Bundeskriminalamts (BKA) gegen zahlreiche – vornehmlich von russischen Inhabern geführte – Pflegedienste in Deutschland können dazu führen, dass der Ruf der gesamten Pflegebranche schweren Schaden nimmt. Das befürchtet der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e.V. mit Sitz in Essen, der die Interessen von 1000 vornehmlich privat geführten Pflegeeinrichtungen vertritt.
„Natürlich muss gegen schwarze Schafe innerhalb der Branche mit der ganzen Härte des Gesetzes vorgegangen werden“, erklärt Andrea Kapp, Bundesgeschäftsführerin des bad e.V., „aber die bislang bekannt gewordenen Einzelheiten der Ermittlungen lassen wenig Erkenntnisgewinn vermuten.“
So ist der in vielen Medien – u.a. auf der Homepage der Tagesschau – zitierte Vorwurf von Dominik Schirmer, bei der AOK Bayern für den Bereich Fehlverhaltensbekämpfung zuständig, dass zusätzliche Kosten für die Krankenkassen entstehen, weil häufig eine „ärztliche Verordnung ausgestellt wurde, obwohl da gar kein Pflegehintergrund vorhanden war“, doch kein Betrug des Pflegedienstes, sondern des verordnenden Arztes. Auch sind die Äußerungen von Ottilie Randzio, Pflege-Expertin des MDK Bayern, die mit den Worten zitiert wird, dass es „theoretisch und wahrscheinlich auch praktisch“ vorkommen könne, „dass ein Versicherter in – sage ich mal – betrügerischer Absicht unserem Gutachter alles Mögliche“ vormache, nicht wirklich dazu angetan, das Fehlverhalten allein beim Pflegedienst zu suchen.
„Die Veröffentlichungen zu dem bislang vertraulichen Bericht des BKA sind so allgemein gefasst, dass sie wenig belastbare Fakten beinhalten und es somit schwer ist, dem Tenor der Medienberichte argumentativ zu versprechen“, ärgert sich Kapp. „Wenn behauptet wird, dass nach Schätzungen der entstandene Schaden bei mindestens einer Milliarde Euro liege – aber nicht gesagt wird, wer auf welcher Grundlage zu dieser Zahl gekommen ist, dann bedeutet das für mich nichts anderes als Stimmungsmache gegen eine Branche, die eigentlich deutliche Unterstützung seitens der Öffentlichkeit erhalten müsste.“ Denn der oftmals beklagte Pflegenotstand wird sich nach Meinung von Andrea Kapp wohl weiter verstärken: „Wer arbeitet schon gerne in einem Beruf, dem pauschal Betrugsabsichten unterstellt werden.“ Kapp will aber nicht falsch erstanden werden: „Bei konkreten Verdachtsmomenten muss selbstverständlich die Justiz aktiv werden, aber pauschale Anschuldigen helfen niemandem weiter – am wenigsten den pflegebedürftigen Menschen, die unserer Hilfe bedürfen“, meint Kapp.